Deutschland. Made in Germany. Begrifflichkeit, Definitionen, Geschichte und Symbole. Doch letztlich bedeutet es für jeden etwas anderes. Was es für mich bedeutet, wie es sehe und empfinde, will ich in den folgenden Zeilen versuchen zu finden und zu erklären.
Es gibt viele in meinem Bekannten- und Freundeskreis, die aus dem Dorf oder Stadt, in der sie geboren sind, nie herausgekommen und doch sehr zufrieden sind. Für sie ist Deutschland sicherlich ein ganz anderes Bild als für mich. Mich hat es schon quer durch alle Himmelsrichtungen in Deutschland verschlagen und ich bin indessen beim elften Umzug angekommen.
Ich habe an ganz unterschiedlichen Ort gelebt, vom kleinen Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, bis zur Metropole von Berlin. Einmal quer durch Sachsen und nun lebe ich seit schon über vier Jahren glücklich in Leipzig.
Mit Italien lebt man wie mit einer Geliebten: heute im heftigen Zank, morgen in Anbetung – in Deutschland wie mit einer Hausfrau, ohne großen Zank und ohne große Liebe.
– Arthur Schopenhauer
Wer sich den politischen Streit im Lande anschaut, mag dieses Zitat wohl heute nicht mehr bejahen, doch wie schaut es mit anderen Bereichen aus?
Deutschland, wohin gehst du?
An der HTWK in Leipzig hatte ich in den letzten Jahren immer wieder beruflich mit Studentengruppen zu tun. Es gab dabei auch viele, die nicht ursprünglich aus Deutschland stammen und in Gesprächen offenbarte sich eine ganz andere Sicht der Dinge. Es zeigte sich, das sie oft eine gänzlich andere Erwartungshaltung an das Land haben, aus dem sie stammen oder in dem sie nun leben.
Dort hieß es öfters, wir Deutschen wären zu kritisch und gleichzeitig zu „unliebevoll“ (was für eine interessante Wortschöpfung) mit unserem Land. Wir würden unser Land oft zu sehr einzig im Rahmen der Geschichte oder Wirtschaft sehen, bzw sehen lassen. Von peinlicher Ablehnung bis dumpfer Masseneuphorie hätten wir auch 2015/16 noch immer ein zutiefst gespaltenes Verhältnis zum eigenen Land.
Ist es Generationsabhängig? Für jemand, der noch zwei deutsche Staaten erlebt hat, mag dieses Land ganz anders wirken als für die Generation meines jüngsten Neffen, für den dies alles fremd und unwirklich erscheinen wird. Verändert sich mit der Geschichte auch die Sicht auf das eigene Land, mit der Zeit auch die Empfindungen?
Es gibt sicherlich Momente in meinem Leben, in Zeiten von dumpfer rechter Rhetorik, in denen ich mich für Deutschland schäme, in denen ich mich frage, warum ein Teil von uns immer wieder auf rechte Geschichtenerzähler und Hassprediger hereinfallen. Gerade Sachsen, in dem ich seit einigen Jahren nun lebe, das Land mit den besten Hoffnungen und größten Chancen, entwickelt sich dabei in eine Richtung, die einem das Gruseln beibringen kann.
Und doch, wenn ich sehe, wieviel Menschen sich engagieren für ein offenes und tolerantes Land, dann mag diese Angst und dieser Zorn auch wieder schwinden und der Hoffnung Ausdruck verleihen, das wir dazu gelernt haben. Vielleicht nicht alle, aber doch die Mehrheit.
Deutschland, das ist für mich vieles. Das sind vor allem Momente und Orte, das sind Freunde und Gefühle.
Deutschland, WANN ist das?
Es ist für mich der Moment, an dem unter der abendlichen Sonne im Leipziger Rosenthal das Orchester des Gewandhauses zu Leipzig an zwei Abenden im Jahr ein Konzert unterm freien Himmel beginnt. Rings herum wildfremde Menschen, die alle etwas zusammenrücken, um gemeinsam dem zu lauschen,was auch internationale und deutsche Komponisten über die Jahrhunderte uns hinterlassen haben: die universelle Sprache der Musik.
Deutschland, das sind für mich neben den Städten, in denen ich lebe, auch Orte, die ich entdecke und auf Anhieb einfach wunderbar finde. Erfurt ist so ein Ort für mich geworden, Köln schon immer gewesen und als ich nach Stralsund kam, war es mir, als hätte ich dort schon mal gelebt.
Orte, Städte und Dörfer, sind ein Spiegel eines Volkes. Hier zeigt sich, wie wie leben, wer wir sind.
– Uwe Werner
Ich werde oft gefragt, wenn ich erzähle wo ich schon gelebt habe, wo denn für mich „zu Hause“ und „Heimat“ ist. Mein Herz schlägt und bleibt stets in einem kleinen Ort vor den Toren Berlins, in dem ich aufgewachsen bin und wo meine Familie bis heute noch lebt. Zu Hause aber ist da wo ich lebe und mich wohl fühle. Das muss kein Widerspruch sein.
Deutschland ist ein Land der Widersprüche und so sind auch wohl auch wir Deutschen oftmals widersprüchlich und für Außenstehende nicht immer leicht zu begreifen. Von der deutschen „Gemütlichkeit“ bis hin zur deutschen „Traurigkeit“.
Eine gute Bekannte, welche aus Finnland stammt, sagte einmal zu mir: „Ihr Deutschen scheint immer auf der Suche nach Deutschland zu sein“. Recht hat sie!
Kulinarisches Deutschland
Fragt man in anderen Ländern nach der Esskultur in Deutschland, so hat uns das Oktoberfest wohl mehr als alles andere in der Welt geschadet. Brathänderl und große Brezeln, vielleicht ja noch Sauerkraut, davon ernähren wir Deutschen uns unentwegt scheint es. Ach ja, das Bier natürlich nicht zu vergessen.
Und doch… eine Facebook-Bekannte, die in Australien lebt und deren Vater aus Deutschland kam, schwärmt immer wieder vom deutschen Brot in seiner Vielseitigkeit. Ist das auch ein Stück Deutschland?
Ich bin ja bekanntlich ein Freund der italienischen Küche, aber auch bei mir gibt es das eine oder andere Rezept, welches durch die Familie und Generationen weitergegeben wurde und Bestand hat. Und da die Kartoffel ja auch als so etwas urdeutsches angesehen wird (was hinten und vorn bekanntlich nicht stimmt), wundert’s niemand, dass es ausgerechnet ein Rezept für eine märkische Kartoffelsuppe ist.
Deutschland, das ist für mich ein Land, in dem ich gern lebe. ich mag die Berge und liebe das Meer. Nicht immer ist hier alles schön und richtig, aber in welchem Land der Welt ist es das schon?
Und Deutschland ist immer noch „Made in Germany“
Manchmal ist Deutschland zu klein und manchmal zieht es mich hinaus in die Welt. Einiges davon habe ich schon gesehen und doch zieht es mich nie wirklich ganz weg. Es gibt hier noch soviel zu entdecken, zu erleben und zu kosten.
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