Lyrik & Prosa
Einfach loslassen
Einfach loslassen? Einfacher gesagt als oft getan. Wir Menschen tun uns zumeist schwer damit loszulassen. Wir versuchen unentwegt Dinge, Augenblicke, ja sogar Menschen an uns zu binden, vergessend wie flüchtig die Zeit doch ist und das nichts auf ewig währt.
Es ist schon eigenartig, daß wir selbst beim Loslassen noch meinen, wir müßten etwas leisten.“
(Helga Schäferling, deutsche Sozialpädagogin)
In unserer Überflussgesellschaft wird das Loslassen zur Leistung erhoben. Wir sind stolz darauf den Weg zum Minimalismus wieder gefunden oder gar neu entdeckt zu haben und glauben oft, damit einen fast einen evolutionären Schritt nach vorn getan zu haben. Dabei wussten die alten Philosophen, wie wichtig des gesunde Miteinander von entdecken und loslassen ist.
Vielfach wird allerdings auch der bewusste Verzicht mit dem Loslassen vergleichen oder gleichgesetzt. Wir „lassen“ von den Wünschen ab. Doch das ist nicht das Loslassen, von wir heute landläufig reden.
Das Loslassen hat für mich schon auch etwas mit dem Minimalismus zu tun, ich erachte es allerdings nicht als Leistung, sondern als Notwendigkeit und Grundbestandteil des Lebens. Da ist es dann oft wie mit den Schränken und Schubladen. Man muss sie mal ausräumen und sich von Dingen trennen. Wer das nie im Leben gelernt hat, wer sein Bündel an Hoffnungen, Träumen, Enttäuschungen, Wut, Leid und Trauer ein Leben lang mit sich trägt, hat oft schwer zu tragen. Loslassen bedeutet nicht unbedingt vergessen, verdrängen, abschütteln. Wer nie den Ärger über Fehler von anderen loslassen kann, wird auch nie verzeihen können. Wer nicht im Laufe der Zeit seine Trauer über Verluste loslassen kann, wird nie frei sein für etwas Neues.
Die Wahrheit
Wunden
heilen nicht
schließen sich nur
Schmerz
verschwindet nicht
verblasst nur in der Erinnerung
Trauer
vergeht nicht
wird nur zum Teil des Lebens
Wut
verraucht nicht
verbraucht sich nur
Einsamkeit
ist nicht von Dauer
© 2004 Uwe Werner
Es ist oftmals gar keine so bewusste Entscheidung Dinge loszulassen, sondern das Leben ist wie eine Talsperre. Es fließt ständig neues Wasser hinzu, so wie uns neue Eindrucke, Gegenstände und Menschen begegnen auf unserem Weg durch die Zeiten.
Wo neues Wasser ein Staubecken fließt, muss anderes dafür auch entweichen können. Nur so kann das Gleichgewicht erhalten bleiben und der Druck auf uns wird nicht zu groß.
Und wenn wir doch einmal uns bewusst entscheiden müssen, dann sage ich mir: Alles hat seine Zeit im Leben…